Aus der Rechtsprechung

Auf dieser Seite fassen wir Urteile mit Bezug zum Erbschaftsfundraising und zur Testamentsvollstreckung für Sie zusammen:

 

Begriff des „Barvermögens“

OLG Oldenburg, Urteil vom 20.12.2023 – 3 U 8/23

Der Begriff des Barvermögens umfasst das gesamte Geld, das sofort, also auch über eine Kartenzahlung, verfügbar ist. Nicht hierunter fallen Wertpapiere. Sollen auch diese vermacht werden, ist der Begriff „Kapitalvermögen“ zu verwenden, der neben dem Barvermögen auch die Wertpapiere mit umfasst.
Den Testatoren ist zu empfehlen, die einzelnen vermachten Vermögensgegenstände im Einzelnen aufzuführen, oder die Begrifflichkeiten entsprechend der vom OLG Oldenburg vorgenommenen Definition zu verwenden.

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Ein in der Mitte des Textes unterschriebenes "Testament" kann unwirksam sein

OLG München, Beschluss vom 25.08.2023 – 33 Wx 119/23

Die Erblasserin hatte zu Beginn ihres mit dem Vermerk „Testament“  versehenen Schriftstücks ihre Vermögensverhältnisse aufgeführt und diesen Teil unterschrieben. Unter der nachfolgenden Erbeinsetzung fehlte die Unterschrift.
Mit Blick auf die mögliche Gebührenbefreiung zugunsten gemeinnütziger Organisationen bei der Beantragung von Erbscheinen, wird die Zahl der handschriftlich errichteten Testamente zunehmen. Umso wichtiger ist die Einhaltung der nach § 2247 BGB erforderlichen Form. Die Bezugnahme auf ein vorangegangenes Testament ohne Unterschrift oder die an der falschen Stelle geleistete Unterschrift, birgt immer das Risiko der Unwirksamkeit der letztwilligen Verfügung. Die Testatoren sollten darauf hingewiesen werden, dass dieses Risiko bei der Unterschrift mit Vor- und Zunamen unter einer einheitlichen Urkunde nicht besteht.

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Fristbeginn bei Schenkung unter Nießbrauchsvorbehalt oder Einräumung eines lebenslangen Wohnrechts

OLG München, Urteil vom 08.07.2022 – 33 U 5525/21

Steuerbegünstigte Organisationen erhalten in verstärktem Maße Immobilien, bei denen sich der frühere Eigentümer einen Nießbrauch oder ein lebenslanges Wohnrecht an der Immobilie insgesamt vorbehält. Für die Berechnung des Pflichtteilergänzungsanspruchs zugunsten enterbter Abkömmlinge stellt sich dabei die Frage, ob die Zehnjahresfrist mit dem Vollzug der Schenkung zu laufen beginnt mit der Folge, dass der Anspruch sich jedes Jahr, das der Schenker die Schenkung überlebt, um 10% mindert.  Das OLG München hat jetzt entschieden, dass der Fristlauf bis zum Erbfall gehemmt ist, wenn die Einschränkungen durch das Wohnrecht und den Nießbrauch die gesamte Immobilie umfassen.

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Die Entlastungserklärung gegenüber dem gesetzlichen Betreuer des Erblassers gilt als Annahme der Erbschaft

OLG Celle, Beschluss vom 05.01.2022 – 6 W 199/21

Steuerbegünstigte Organisationen kennen Ihre Testatoren in der Regel nicht persönlich. Die Vermögensverhältnisse sind daher meistens unbekannt. Insbesondere bei älteren letztwilligen Verfügungen besteht die Gefahr, dass der Nachlass überschuldet ist, die Überschuldung jedoch erst nach Ablauf der Ausschlagungsfrist festgestellt wird.
Die grundsätzlich mögliche Ausschlagung der Erbschaftsannahme setzt voraus, dass entsprechende Nachforschungen angestellt werden; Abwarten allein genügt nicht. LEGATUR empfiehlt daher, vor Abgabe der Entlastungserklärung das Vermögensverzeichnis des Betreuers anzufordern. Der Betreuer ist zur Erstellung des Vermögensverzeichnisses verpflichtet.

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Die Identifizierungspflicht nach dem Geldwäschegesetz betrifft auch letztwillig begünstigte NPOs

BGH, Urt. v. 20.04.2021, XI ZR 511/19

Die Entscheidung stellt klar, dass das Geldwäschegesetz auf alle Fälle einer Nachlassabwicklung anzuwenden ist. Das Urteil des BGH bezieht sich auf die Pflicht eines Nachlasspflegers zur Vorlage eines Dokuments zur Identitätsfeststellung, hier des Personalausweises, im Original; eine notariell beglaubigte Kopie reiche nicht aus.

Die Pflicht zur Identifizierung nach dem Geldwäschegesetz bezieht sich daher auch auf die zur Vertretung berechigten Personen steuerbegünstigter Organisationen, die Erbe geworden sind oder ein Vermächtnis erhalten.

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Sittenwidrigkeit eines zugunsten eines Betreuers errichteten notariellen Testaments

OLG Celle, Urt. v. 07.01.2021, 6 U 22/20

Ein notarielles Testament eines Betreuten zugunsten eines Berufsbetreuers kann sittenwidrig sein, wenn dieser seine gerichtlich verliehene Stellung und seinen Einfluss auf den Betreuten dazu benutzt, gezielt auf ihn einzuwirken und die Errichtung einer letztwilligen Verfügung zu bestimmen.

Die Sittenwidrigkeit gemäß § 138 BGB ist vom Gericht auch dann zu prüfen, wenn die Parteien sich hierauf nicht berufen haben; es genügt, wenn sich aus den Umständen, z. B. die Unterlassung der Einholung eines ärztlichen Gutachtens zur Frage der Testierfähigkeit, die Absicht des Berufsbetreuers, den Betreuten zur Abfassung einer letztwilligen Verfügung zu seinen Gunsten zu bewegen, ergibt.

Soweit steuerbegünstigte Organisationen die Übernahme gesetzlicher Betreuung anbieten, sollte jeder Anschein eine Beeinflussung der Betreuten im Hinblick auf eine die Organisation begünstigende letztwillige Verfügung vermieden werden.

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Die Wirksamkeit gemeinschaftlicher Testemente von Ehegatten unterschiedlicher Staatsangehörigkeiten

BGH, Beschl. v. 24.02.2021, IV ZB 33/20

Die Frage, ob Erblasser in ihrer letztwilligen Verfügung eine konkludente Rechtswahl getroffen haben, ist unionsautonom und nicht unter Rückgriff auf das hypothetisch gewählte Recht zu beurteilen.

Steuerbegünstigte Organisationen erhalten immer öfter eigenhändig verfasste gemeinschaftliche Testamente von Ehegatten unterschiedlicher Staatsangehörigkeit (im entschiedenen Fall deutsch und österreichisch), in denen sie als Schlusserben eingesetzt sind. Die Wirksamkeit hängt dann davon ab, welches Recht zur Anwendung kommt.

Bis zum Inkrafttreten der Europäischen Erbrechtsverordnung (EuErbVO), die auf alle Erbfälle nach dem 17.08.2015 anzuwenden ist, richtete sich das anzuwendende Recht ausschließlich nach der Staatsangehörigkeit. Da das österreichische Recht das Rechtsinstitut des handschriftlich errichteten gemeinschaftlichen Testaments nicht kennt, hätte dies die Unwirksamkeit des gemeinschaftlichen Testaments zur Folge, wäre österreichisches Recht anzuwenden.

Die EuErbVO lässt zwar eine ausdrückliche Rechtswahl zu; mangels entsprechender Kenntnis wurde aber bei älteren Testamenten eine solche ausdrückliche Rechtswahl regelmäßig nicht getroffen.

Ist dies der Fall, ist zu prüfen, ob eine konkludente Rechtswahl die Wirksamkeit der letztwilligen Verfügung begründen kann. Die insoweit erforderlichen Kriterien orientieren sich an dem Bestreben, der Verfügung des Erblassers Geltung zu verschaffen. Haben die Testatoren bei der Abfassung des Testaments Begriffe gewählt, die einem bestimmten Rechtskreis zuzuordnen sind (hier: die Einsetzung als Schlusserbe), so spricht dies (im entschiedenen Fall) für eine konkludente Wahl der Anwendung deutschen Erbrechts.

der Beschluss

Ergänzend dazu:

 

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Schriftgutachten: Testamentsurheberschaft schon bei Wahrscheinlichkeit von 90 % bewiesen

OLG Rostock, Beschl. v. 31.08.2020, 3 W 84/19

Um die Testamentsurheberschaft zu beweisen, genügt eine vom Sachverständigen festgestellte Wahrscheinlichkeit von 90 %, dass Text beziehungsweise Unterschrift vom Testator selbst stammen.

In einer letztwilligen Verfügung unberücksichtigt gebliebene oder ungenügend bedachte gesetzliche Erben versuchen hin und wieder, die Unwirksamkeit der letztwilligen Verfügung mit dem Argument geltend zu machen, sie stamme nicht vom Erblasser, sondern sei gefälscht. Steuerbegünstigten Organisationen ist in diesem Falle zu empfehlen, im nachlassgerichtlichen Verfahren auf die Einholung des Gutachtens eines Schriftsachverständigen hinzuwirken.

der Beschluss

 

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Zeitlich aufeinanderfolgende Testamente können nebeneinander gültig sein

OLG Saarbrücken, Beschl. v. 07.09.2020, 5 W 30/20

Liegen zwei zeitlich aufeinanderfolgende Testamente vor und enthält das spätere keinen ausdrücklichen Widerruf des früheren Testaments, können beide Testamente nebeneinander gelten.

Es geschieht immer wieder, dass letztwillige Verfügungen eröffnet werden, in denen – ohne aufeinander Bezug zu nehmen – Regelungen enthalten sind, die sich nur teilweise widersprechen. Nach der Auslegungsregel des § 2258 Abs. 1 BGB wird das ältere Testament dadurch nur insoweit außer Kraft gesetzt, als es im Widerspruch zum jüngeren Testament steht.

Steuerbegünstigte Organisationen sollten bei der Akquise von Nachlässen ihren Testatoren empfehlen, das ältere Testament in jedem Falle zu widerrufen und die beabsichtigte letztwillige Verfügung komplett neu zu formulieren.

der Beschluss

 

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Die Entlassung des Testamentsvollstreckers wegen persönlicher Spannungen

OLG Saarbrücken, Beschl. v. 28.07.2020, 5 W 26/20

Ein Testamentsvollstrecker kann entlassen werden, wenn im Verhältnis zu den Erben unüberbrückbare persönliche Spannungen herrschen und ein weiteres gedeihliches Zusammenwirken aus Gründen, die auch in der Person des Testamentsvollstreckers liegen, nicht zu erwarten ist.

Die Entscheidung des Gerichts zeigt einmal mehr, dass sich ein Testamentsvollstrecker nicht ausschließlich auf die durch die letztwillige Verfügung eingeräumte Machtfülle verlassen kann, sondern auch sein Verhältnis zu den Erben im Blick haben muss.

Sind in letztwilligen Verfügungen nicht nur steuerbegünstigte Organisationen, sondern auch dem Erblasser nahestehende Personen als Erben eingesetzt, kommt es hin und wieder vor, dass diese gleichzeitig als Testamentsvollstrecker eingesetzt sind. Hier sollten die bedachten Organisationen das Handeln des Testamentsvollstreckers genau beobachten und bei Unregelmäßigkeiten seine Entlassung beantragen. Gleichzeitig kann ein anderer Testamentsvollstrecker vorgeschlagen werden.

der Beschluss

 

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Bestätigt: Die "Vor-Stiftung" oder "Stiftung i. Gr." gibt es nicht

OLG Braunschweig, Urt. v. 08.07.2020, 3 W 19/20

Mit Urteil v. 03.04.1991 (8 O 392/90) hatte das LG Heidelberg die "werdende Stiftung" als passiv parteifähig beurteilt, wonach eine unmittelbare Inanspruchnahme der "Vor-Stiftung" durch Pflichtteilsberechtigte möglich sein sollte. Seitdem haben sich die Zivilgerichte – soweit ersichtlich – nicht mehr mit der Frage nach dem Status der Stiftung vor Anerkennung der Rechtsfähigkeit befasst.

2015 hatte sich der BFH als oberstes Finanzgericht der herrschenden Auffassung im Stiftungsrecht angeschlossen, indem er Zuwendungen an eine Stiftung vor deren Anerkennung als rechtsfähig nicht als Sonderausgaben nach § 10b EStG anerkannte (Urt. v. 11.12.2015, X R 36/11; s. hierzu Stiftung&Sponsoring 3/2015, S. 39). 2019 hat der BFH zudem entschieden, dass die Rückwirkungsfiktion des § 84 BGB allein auf die Zuwendungen des Stifters beschränkt sei, eine Rückwirkung auch der Steuerbefreiung könne hieraus aber nicht abgeleitet werden (Urt. v. 06.06.2019, V R 50/17).

Nun hat auch das OLG Braunschweig noch einmal klargestellt, dass eine "Vor-Stiftung" oder "Stiftung i. Gr." ähnlich des Vor-Vereins oder der Vor-GmbH nicht existiere: Eine Stiftung – ob zu Lebzeiten oder von Todes wegen errichtet – erlange erst durch die Anerkennung der Stiftungsbehörde Rechtsfähigkeit. Daraus folgt, dass der später einzusetzende Stiftungsvorstand vor der Bekanntgabe des Anerkennungsbescheids keine Rechtshandlungen vornehmen kann, die Wirkung für oder gegen die Stiftung entfalten. Er kann in dieser Funktion insbesondere keinen Erbschein für die Stiftung beantragen.

Bei der Errichtung einer Stiftung von Todes wegen – mit deren Umständen sich das Gericht in einem obiter dictum ausführlich befasst – ist es daher empfehlenswert, einen Testamentsvollstrecker zu benennen, der die für die Errichtung der Stiftung notwendigen Handlungen vornehmen kann.

das Urteil

Literatur zur Testamentsvollstreckung:

 

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Die Erbeinsetzung einer Treuhandstiftung – insb. Kommanditanteile

OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12.08.2019, Wx 231/17

Der Fall: Die verstorbene Kommanditistin einer GmbH & Co. KG hatte mit notariellem Testament eine nichtrechtsfähige Stiftung in der treuhänderischen Verwaltung eines eingetragenen Vereins als ihre Alleinerbin bestimmt.

Die persönliche haftende Gesellschafterin (GmbH) der Kommanditgesellschaft und der Verein als Rechtsträger der nichtrechtsfähigen Stiftung beantragten die Eintragung des Vereins als neuen Kommanditisten in das Handelsregister. Das Registergericht lehnte die Eintragung bis zur Vorlage eines Erbscheins, der den Verein als Erben der verstorbenen Kommanditistin ausweist, ab. Hiergegen wandten sich GmbH und Verein erfolgreich.

Die Hinweise des OLG: Im Rahmen seines Beschlusses stellte das OLG Düsseldorf die folgenden Überlegungen zur Eintragung einer als Erbin eingesetzen Treuhandstiftung als Kommanditistin in das Handelsregister an, die von besonderem rechtlichen und praktischen Interesse sind:

der Beschluss

Literatur zur Vererbung von Kommanditanteilen:

 

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Einziehung eines quotenlosen Erbscheins wegen Irrtumsanfechtung

05.05.2020

Bei der Einsetzung mehrerer Erben bedarf es der Festlegung von Erbquoten; ohne Erbquoten ist die Erbeinsetzung auslegungsbedürftig.

Der Quotenerbschein stellt den Normalfall dar. Seit dem 17.08.2015 besteht indes auch die Möglichkeit, einen quotenlosen Erbschein zu beantragen, wenn alle Begünstigten auf die Aufnahme der Erbquoten in den Erbschein verzichten. Ein quotenloser Erbschein kann etwa dann hilfreich sein, wenn sich die Erben rasch gegenüber Grundbuchämtern und Kreditinstituten legitimieren wollen, um die genaue Nachlasszusammensetzung zur Bestimmung der Erbquoten erst noch in Erfahrung zu bringen.

Aber Achtung: Während etwa für die Umschreibung von Grundbüchern ein quotenloser Erbschein ausreicht, fordern Handelsregister für die Umschreibung von Beteiligungen an Kommanditgesellschaften, wie sie z. B. Schiffsbeteiligungen darstellen, indes einen Quotenerbschein. Ein bereits erteilter quotenloser Erbschein müsste dafür eingezogen und anschließend ein Quotenerbschein ausgestellt werden. Ein einmal ausgestellter Erbschein kann jedoch nur eingezogen werden, wenn dieser unrichtig (geworden) ist. Ein quotenloser Erbschein wird jedoch auch bei späterer Kenntnis der Erbquoten nicht unrichtig und kann daher grundsätzlich nicht eingezogen werden. Damit entsteht eine Blockadesituation, die eine endgültige Abwicklung des Nachlasses hindert.

Als Möglichkeit, den quotenlosen Erbschein zu "beseitigen", kommt – wie von LEGATUR bereits erfolgreich praktiziert – eine Irrtumsanfechtung gegenüber dem zuständigen Nachlassgericht in Betracht. Die Anfechtung hat unverzüglich, nachdem der Anfechtungsberechtigte vom Anfechtungsgrund – in diesem Falle durch ein Rechtsgutachten – Kenntnis erlangt hat, zu erfolgen. Im Falle einer Versagung kommen Rechtsmittel in Betracht.

Nonprofits sollten in der Kommunikation mit potenziellen Erblassern auf mögliche Stolperfallen bei der Einsetzung mehrerer Erben hinweisen und die Beratung durch Erbrechtsexperten empfehlen.

Ist das Testament, durch das eine steuerbegünstigte Organisation bedacht wurde, auslegungsbedürftig, sind die rechtlichen Folgen der verschiedenen Handlungsoptionen genau zu prüfen. Nur so lassen sich langwierige und kostspielige Auseinandersetzungen bei der Nachlassabwicklung für alle Beteiligten vermeiden.

weitere Literatur zum Thema:

 

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Auch ein eingerissener Notizzettel kann ein wirksames Testament sein

OLG München, Beschl. v. 28.01.2020, Wx 229/19, 31 Wx 230/19, 31 Wx 231/19

Auch ein auf einem Notizzettel (Format 10 x 7 cm) errichtetes Testament kann wirksam sein. Das gilt auch dann, wenn das Papier teilweise eingerissen ist. In einem solchen Fall ist der Testierwille des Erblassers durch weitere, außerhalb der letztwilligen Verfügung liegende Umstände zu ermitteln.

Steuerbegünstigte Organisationen, die durch ein auf ungewöhnlichem Material errichtetes handschriftliches Testament begünstigt wurden, sollten daher in jedem Falle prüfen, ob sich – etwa durch lebzeitiges Spendenverhalten des Erblassers – eine Erbeinsetzung zugunsten der Organisation belegen lässt.

der Beschluss

 

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Eine zunächst unwirksame Rechtswahl kann durch EuErbVO rückwirkend Wirksamkeit erlangen

BGH, Beschl. v. 10.07.2019, IV ZB 22/18

Die Bestimmungen der Europäischen Erbrechtsverordnung (EuErbVO) vom 04.07.2012 finden auf alle Erbfälle, die ab dem 17.08.2015 eingetreten sind, Anwendung – unabhängig davon, wann die letzwillige Verfügung aufgesetzt worden ist.

Im vorliegenden Fall war ein Erbvertrag aus dem Jahre 1998 vor Inkrafttreten der EUErbVO unwirksam, da der Erbvertrag nach deutschem Recht anderen Rechtsordnungen fremd ist. Mit Inkrafttreten der EuErbVO ist er jedoch rückwirkend wirksam geworden.

das Urteil

weitere Literatur zum Thema:

 

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Schenkungsteuer bei Zuwendungen einer ausländischen Stiftung

BFH, Urt. v. 03.07.2019, II R 6/16

Zuwendungen einer ausländischen Stiftung sind nur dann nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG steuerbar, wenn sie eindeutig gegen den Satzungszweck verstoßen.

Satzungsgemäße Zuwendungen an Empfänger, die keinerlei Rechte an dem Vermögen oder den Erträgen aus der Vermögensmasse der Stiftung haben unterliegen daher nicht der Steuerpflicht nach § 7 ErbStG. (Hier entschieden für die Zuwendung einer Schweizer Stiftung an deutsche Destinatäre).

Ob die Zuwendung einkommensteuerpflichtig war, brauchte das Gericht nicht zu entscheiden, da insoweit bereits Festsetzungsverjährung eingetreten war.

das Urteil

 

 

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Rechtsverhältnis einer Vorsorgevollmacht

OLG Brandenburg, Urt. v. 02.04.2019, 3 U 39/18

Nicht selten ensteht Streit über die Frage, welches Rechtsverhältnis einer Vorsorgevollmacht zugrunde liegt. Hierbei kann es sich um einen Auftrag oder um eine reine Gefälligkeit handeln.

Ist für den Bevollmächtigten erkennbar, dass der Vollmachtgeber von einem Auftrag mit Auskunfts- und Rechenschaftspflichten ausgeht, wird man von einem entsprechenden Rechtsbindungswillen auszugehen haben. Ein besonderes Vertrauensverhältnis allein – etwa zwischen Ehepartnern oder Eltern und ihren Kindern – schließt ein solches Auftragsverhältnis nicht aus.

Den Parteien eines Vorsorgeverhältnisses ist daher dringend anzuraten, das Grundverhältnis vorab und am besten schriftlich zu regeln.

das Urteil

 

 

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Lebensversicherungsverträge im Nachlass –
Zuschlag zum Erbe nur bei rechtzeitigem Widerruf

LG Stuttgart, Urt. v. 12.04.2019, 3 O 452/18

In Nachlässen finden sich nicht selten Lebensversicherungsverträge, die im Falle des Todes des Erblassers die Auszahlung einer vereinbarten Summe zugunsten einer anderen Person, meist der Lebenspartner oder Kinder, vorsehen. Der Erbe kann diese Bezugsberechtigung widerrufen; der Auszahlungsanspruch aus dem Lebensversi-cherungsvertrag fällt dann in den Nachlass.

Kenntnis von einem solchen Vertrag mit Drittbegünstigung erhält eine als Erbin eingesetzte steuerbegünstigte Organisation jedoch häufig erst nach Durchsicht der im Nachlass befindlichen Unterlagen. Erfolgt zwischenzeitlich die Zahlung an den Bezugsberechtigten, geht der später eingehende Widerruf ins Leere.

War dem auszahlenden Versicherer der Widerruf bei der Auszahlung nicht bekannt und konnte er auch anderweitig keinen die Auszahlung hindernden Grund erkennen, kann die Organisation keine Schadenersatzansprüche gegen den Versicherer geltend machen.

das Urteil

 

 

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Grunderwerbsteuerpflicht bei sog. Kaufrechtsvermächtnis

BFH, Urt. v. 16.01.2019, II R 7/16

In manchen Testamenten ist zugunsten steuerbegünstigter Organisationen nicht nur ein Geldvermächtnis ausgesetzt, sondern auch das Recht eingeräumt, eine bestimmte Nachlassimmobilie zu erwerben; der Kaufpreis soll dem Verkehrswert der Immobilie zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages entsprechen.

Nach Auffassung des BFH wird in diesem Fall nur ein Anspruch auf Abschluss eines Kaufvertrages begründet, der als "zweiten Schritt" die Grunderwerbsteuerpflicht auslöst. Das Kaufrechtsvermächtnis unterscheidet sich daher von dem Fall, in dem der Erblasser die Immobilie ohne den Zwischenschritt des Kaufvertrages vermacht und so der Übereignungsanspruch durch den Erbfall und nicht erst durch den noch abzuschließenden Kaufvertrag ausgelöst wird.

Wie der Fall zu beurteilen ist, wenn im Testament bereits der Kaufpreis für den Fall der Ausübung des Kaufrechts festgelegt ist, bleibt unentschieden.

das Urteil

Weitere Literatur zum Thema Immobilien im Nachlass:

 

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Aktien gehören nicht zwingend zum Barvermögen

LG Nürnberg-Fürth, Urt. v. 28.02.2019, 6 O 5544/18

Die in einem Erbvertrag getroffene Regelung zur Ausgestaltung eines Quotenvermächtnisses, wonach hiervon "in Wertpapieren verbriefte Geldforderungen" erfasst sind, erstreckt sich in der Regel nicht auf Aktien, über die der Erblasser bei Errichtung des Erbvertrages bereits verfügte.

Da steuerbegünstigte Organisationen häufig Quotenvermächtnisse erhalten, die das "Barvermögen" umfassen, stellt sich immer wieder die Frage, ob auch Aktien hierunter fallen. Die Entscheidung gibt Anlass, die entsprechende Formulierung im Testament zu überdenken.

das Urteil

 

 

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Versteckte Testamentsvollstreckung

OLG Saarbrücken, Beschl. v. 15.01.2019, 5 W 90/18

Eine Formulierung in der letztwilligen Verfügung, in der der Erblasser "alles dem Staat" vermacht, "damit er sich um den Rest der Familie kümmert", ist mitunter nicht als Erbeinsetzung des Fiskus, sondern als Anordnung der Testamentsvollstreckung auszulegen.

Indem sie den Erblasserwillen sehr weit auslegt, zeigt diese Entscheidung einmal mehr, dass die in der letztwilligen Verfügung gewählte Formulierung lediglich ein Indiz für die Auslegung des Letzten Willens des Erblassers darstellt. Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so aussieht, sollten steuerbegünstigte Organisationen prüfen, ob bei einer Formulierung, die im weitesten Sinne auf eine Nachlassabwicklung durch im Testament nicht bedachte Personen hindeutet, Testamentsvollstreckung angeordnet sein könnte.

der Beschluss

 

 

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Keine Gerichtskosten für die Bestätigung der Amtsannahme des Testamentsvollstreckers

OLG Braunschweig, Beschl. v. 12.02.2019, 1 W 19/17

Eine Amtsannahmebestätigung, mit der bei einem notariellen Testament die Annahme des Amtes als Testamentsvollstrecker nachgewiesen werden kann ist kostenfrei zu erteilen, sie ist mit der Festgebühr gemäß Nr. 12410 KV GNotKG (Entgegennahme von Erklärungen hinsichtlich der Testamentsvollstreckung, 15 €) bereits abgegolten.

Eine kostenrechtliche Gleichbehandlung einer Amtsannahmebestätigung und eines Testamentsvollstreckerzeugnisses kommt weder in direkter noch in analoger Anwendung der Kostenvorschriften – insbesondere Nr. 12210 KV GNotKG (wertabhängige Gebühr) – in Betracht.

der Beschluss

 

 

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Spendenabzug bei Schenkung an zusammen veranlagten Ehegatten mit Spendenauflage

BFH, Urt. v. 15.01.2019, X R 6/17

Hat ein Steuerpflichtiger aufgrund eines Schenkungsvertrages die Auflage übernommen, einen Teil des geschenkten Geldes einer steuerbegünstigten Körperschaft zuzuwenden, ist er damit grundsätzlich nicht wirtschaftlich belastet. Die "Spende" kann er damit auch nicht bei seiner Einkommensteuerveranlagung steuermindernd geltend machen.

Dies gilt jedoch wegen § 26b EStG nicht, wenn es sich bei den Parteien des Schenkungsvertrages um zusammen veranlagte Eheleute handelt. In diesem Fall ist die wirtschaftliche Belastung des einen Ehepartners, dem eigentlich Schenkenden, dem mit ihm zusammen veranlagten, zur Weitergabe eines Teil des Geldes verpflichteten Ehepartner zuzurechnen.

§ 26b EStG: Bei der Zusammenveranlagung von Ehegatten werden die Einkünfte, die die Ehegatten erzielt haben, zusammengerechnet, den Ehegatten gemeinsam zugerechnet und, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, die Ehegatten sodann gemeinsam als Steuerpflichtiger behandelt.

das Urteil

Weitere Literatur zum Thema:

 

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Keine Gerichtsgebühren im Erbscheinsverfahren trotz steuerpflichtigem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb

OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 21.12.2018, 21 W 101/18

Eine als steuerbegünstigt im Sinne der §§ 51 ff. AO anerkannte Stiftung ist im Erbscheinsverfahren auch dann gemäß § 7 JKostG HE von der Erhebung von Gerichtsgebühren befreit, wenn sie einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhält.

der Beschluss

 

 

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Unsicherheiten beim Umgang mit dem digitalen Nachlass - Urteil des BGH ist da!

19.07.2018

Die Digitalisierung beeinflusst schon seit langem immer stärker alle Lebensbereiche – mit Folgen auch für den Nachlass! Ob die Erben Zugriff auf die Nachrichten und Chats des Verstorbenen haben dürfen, ist Gegenstand eines viel beachteten Rechtsstreits: Nachdem das Landgericht Berlin zunächst den Eltern eines verstorbenen Kindes Zugang zu dessen Facebook-Account eröffnet hatte, hat das Kammergericht als 2. Instanz die Klage mit der Begründung abgewiesen, der Provider habe die Pflicht, den Zugang zu den Daten gemäß § 88 TGK zu verweigern.

Der BGH hat nun entschieden, dass der Vertrag über ein Benutzerkonto bei einem sozialen Netzwerk grundsätzlich im Wege der Gesamtrechtsnachfolge (§ 1922 Abs. 1 BGB) auf die Erben des ursprünglichen Kontoberechtigten übergeht und diese einen Anspruch auf Zugang zum Konto einschließlich der darin vorgehaltenen Kommunikationsinhalte haben.

Dabei scheidet eine Differenzierung nach vermögenswerten und höchstpersönlichen Inhalten aus, denn gemäß der §§ 2047 Abs. 2 und 2373 Satz 2 BGB gehen auch analoge Dokumente mit höchstpersönlichen Inhalten wie Tagebücher, Familienfotos oder persönliche Briefe auf die Erben über. Der BGH sieht keinen Grund, nicht verkörperte – digitale – Inhalte anders zu behandeln.

Das Gericht stellt zudem fest, dass der Anspruch der Eltern auf Zugang zum Benutzerkonto ihres verstorbenen Kindes auch nicht den seit dem 25.05.2018 geltenden Datenschutzbestimmungen entgegensteht. Da die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) nur lebende Personen schützt, sind datenschutzrechtliche Belange der Erblasserin hier nicht betroffen.

Trotz dieser Entscheidung dürfte es noch dauern, bis sich eine verlässliche Praxis zum Umgang mit dem digitalen Erbe entwickelt hat. Insofern sollte die Thematik auch in der Praxis des Erbschaftsfundraisings nicht zuletzt zur Vermeidung langwieriger Rechtsstreitigkeiten beachtet und bearbeitet und dem Erblasser schon im Vorfeld auch die Regelung des digitalen Nachlasses empfohlen werden.

Weitere Literatur zum digitalen Nachlass:

 

 

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Keine Auffangfunktion der Verbrauchsstiftung ggü. der sog. "Ewigkeitsstiftung"

VG Gelsenkirchen, Urt. v. 12.07.2018, 12 K 499/18

Der Fall: Ein Stifterehepaar hatte im Jahre 1990 testamentarisch verfügt, dass ihr Vermögen nach ihrem Tod und dem ihrer behinderten Tochter in eine Stiftung eingebracht werden solle. Stiftungszweck sei die jährliche finanzielle Unterstützung der Behindertenclubs in ihrer Stadt. Gebe es keine Behindertenclubs mehr, solle das gesamte Vermögen einer näher bezeichneten gemeinnützigen Organisation zukommen. Nach dem Tod der Stifter und ihrer Tochter beantragte deren Testamentsvollstrecker die Anerkennung einer Verbrauchsstiftung mit der Begründung, die ca. 180.000 € des Vermögens der Stifter würden bei der gegenwärtig schwachen Ertragslage am Kapitalmarkt nicht ausreichen, um den Stiftungszweck nachhaltig zu erfüllen. Es entspreche dem mutmaßlichen Willen der Stifter, eine Verbrauchsstiftung zu errichten.

Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hatte hierzu entschieden, dass die Stiftungsaufsicht die Anerkennung der Verbrauchsstiftung versagen dürfe.

Die Begründung: Verbrauchsstiftung und „Ewigkeitsstiftung“ sind eigenständige Stiftungsformen, die selbständig nebeneinander stehen. Der endlichen Verbrauchsstiftung kommt daher gegenüber der „Ewigkeitsstiftung“ keine Reserve- oder Auffangfunktion zu. Zielt der historische Stifterwille ausschließlich auf die Errichtung einer „für die Ewigkeit“ angelegten Stiftung ab, kann eine spätere ergänzende Auslegung nicht zur Zulässigkeit der Verbrauchsstiftung führen, selbst wenn dies etwa aufgrund der Vermögenssituation als günstiger zu beurteilen wäre. Der (eindeutige) originäre Stifterwille ist – auch für die Erben und den Testamentsvollstrecker – bindend und zu verwirklichen.

Die Berufung an das Oberverwaltungsgericht Münster sowie die Revision an das Bundesverwaltungsgericht wurden zugelassen.

das Urteil

 

 

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Hatte der Erblasser eine über den Tod hinaus geltende, umfangreiche Vorsorgevollmacht erteilt, kann der Erbe – etwa eine NPO – einen Widerruf öffentlich bekanntmachen lassen, wenn der Bevollmächtigte die Vollmachtsurkunde nicht zurückgibt.

OLG München, Beschl. v. 27.06.2018, 34 Wx 438/17

In dem vom OLG München entschiedenen Fall hatte der Erblasser seiner Ehefrau eine über den Tod hinaus geltende notarielle Vorsorgevollmacht erteilt, in der sie auch von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit war. Der Erbe widerrief die Vollmacht und verlangte die Herausgabe der Vollmachtsurkunde. Dem gegenüber berief sich die Ehefrau darauf, dass sie die Vollmachtsurkunde nicht mehr besitze, der Verbleib der Urkunde ihr im Übrigen nicht bekannt sei.

Das OLG München hat zugunsten des Erben das Rechtsschutzbedürfnis an der gewünschten Bewilligung der öffentlichen Bekanntmachung der Kraftloserklärung bejaht, da die Vollmachtsurkunde Rechtsscheinwirkung zeitigt. Diese Rechtsscheinwirkung endet erst mit der Rückgabe der Urkunde oder der Kraftloserklärung.

der Beschluss

Weitere Literatur zum Thema:

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Ausgleichspflicht bei quotenloser Erbeinsetzung

OLG Stuttgart, Beschl. v. 11.06.2018, 8 W 198/16

Die letztwillige Verfügung eines Erblassers, der nach ausdrücklichem Widerruf einer früheren gleichteiligen Erbeinsetzung seiner Kinder diese ohne Nennung einer Quote zu Erben beruft und dabei nahezu sein ganzes Vermögen einzeln mit unterschiedlichen Werten auf sie verteilt, ist als Erbeinsetzung im Verhältnis der jeweils zugewandten Vermögenswerte zum Gesamtnachlass im Zeitpunkt des Erbfalls, verbunden mit einer zur Ausgleichspflicht führenden Teilungsanordnung auszulegen.

Diese tragenden Gründe der Entscheidung können auch für steuerbegünstigte Organisationen von Bedeutung sein. Immer häufiger kommt es vor, dass Erblasser kurz vor ihrem Ableben ein weiteres Testament errichten, in dem sie die ursprünglich mit einer Erbquote bedachten Organisationen nunmehr dadurch zu Erben einsetzen, dass sie ihr Vermögen auf die einzelnen Organisationen "verteilen", ohne jedoch eine Erbquote auszuweisen. Die zitierte Entscheidung bezieht sich zwar auf die Erbeinsetzung von Abkömmlingen – es ist jedoch nicht auszuschließen, dass deren Grundsätze auf ähnlich gelagerte Konstellationen entsprechend angewendet werden. Die Folge wäre eine Übernahmepflicht des zugewiesenen Gegenstandes verbunden mit einer Verpflichtung zum Wertausgleich. Kann die bedachte Organisation den Wertausgleich nicht leisten, bleibt nur die Möglichkeit der Ausschlagung des gesamten Erbes.

 

 

 

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Berücksichtigung des Betreuervorschlags durch den Betroffenen

BGH, Beschl. v. 14.03.2018, XII ZB 598/17

Ein Betreuervorschlag nach § 1897 Abs. 4 Satz 1 BGB erfordert weder die Geschäftsfähigkeit, noch die natürliche Einsichtsfähigkeit des Betroffenen. Vielmehr genügt, dass der Betroffene seinen Willen oder Wunsch kundtut, eine bestimmte Person solle sein Betreuer werden.

 

 

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Der Erblasserwille tritt nicht an die Stelle des Stifterwillens

OLG Köln, Urt. v. 02.03.2018, 1 U 50/17

Bei der Auslegung der Satzung einer Stiftung kommt dem im Stiftungsgeschäft zum Ausdruck gebrachten Stifterwillen maßgebende Bedeutung zu. Maßstab ist der Stifterwille nur, soweit er Gegenstand des Anerkennungsverfahrens gewesen ist. Dies schützt die Stiftung davor, dass der Stifter seine Meinung nach Belieben ändert.

Bei der Ausübung seiner Stifterrechte im Testament muss der Stifter daher die Vorgaben des Stiftungsgeschäfts und der Stiftungssatzung beachten; er kann die Stiftungsverfassung in seinem Testament nicht (mehr) ändern.

das Urteil

 

 

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Sicherheit für als Schlusserben eingesetzte NPOs

OLG Hamburg, Beschl. v. 13.02.2018, 2 W 22/17

Steuerbegünstigte Organisationen werden in gemeinschaftlichen Testamenten häufig als Schlusserben eingesetzt. Entgegen der im Erbfall grundsätzlich eintretenden Bindungswirkung können die Eheleute jedoch verfügen, dass der Überlebende neu testieren darf, er "über das Erbe des oder der Erstversterbenden frei verfügen kann". Für die ursprünglich begünstigte Organisation ergäbe sich daraus das Risiko, dass andere Personen oder Organisationen zu Erben berufen werden können.

Das OLG Hamburg hat in seiner Entscheidung jedoch klargestellt, dass sich das Verfügungsrecht nur auf Verfügungen unter Lebenden bezieht und nicht das Recht begründet, ein neues Testament zu errichten. Steuerbegünstigte Organisationen, die in einem gemeinschaftlichen Testament als Schlusserben benannt sind, können also nicht nachträglich "enterbt" werden.

 

 

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Folgen des Widerrufs einer Erblasservollmacht durch einen Miterben

LG Aachen, Urt. v. 18.01.2018, 1 O 138/16

Hat ein Miterbe die über den Tod hinausgehende Erblasservollmacht eines anderen Erben wirksam widerrufen und ist dies der Bank des Erblassers positiv bekannt, darf die Bank ohne Zustimmung sämtlicher Miterben keine Überweisungsaufträge zu Lasten des Erblasserkontos mehr ausführen. Das gilt auch für die Beerdigungskosten. Ausgezahlte Beträge sind dem Erblasserkonto wieder gutzubringen.

das Urteil (inkl. Anmerkungen)

 

 

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Ergänzende Schriftstücke bedürfen nicht der Testamentsform

KG Berlin , Beschl. v. 13.12.2017, 26 W 45/16

Damit ein Testament wirksam ist, muss der Erblasser einige formale Voraussetzungen berücksichtigen. Das eigenhändige Testament (§§ 2247, 2267 BGB) etwa muss vom Erblasser u. a. eigenhändig ge- und unterschrieben sein.

Das Kammergericht Berlin hat nun entschieden, dass Schriftstücke, auf die in einem Testament Bezug genommen wird, nicht auch der Testamentsform bedürfen, um bei der Auslegung des Erblasserwillens Wirkung zu entfalten.

Voraussetzungen dafür sind, dass

Es reicht demnach aus, wenn im Testament z. B. „mildtätige Organisationen” als Erben genannt werden und sich aus einem beigefügten Dokument ergibt, welche Organisationen genau gemeint sind.

der Beschluss

Siehe hierzu auch

 

 

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Schlusserbeneinsetzung einer NPO kann geändert werden

OLG München, Beschl. v. 07.12.2017, 31 Wx 337/17

Die Schlusserbeneinsetzung einer steuerbegünstigten Organisation ist für sich genommen kein Indiz dafür, dass diese Erbeinsetzung wechselbezüglich und daher – nach dem Tod des Erstversterbenden – verbindlich und nicht mehr abänderbar sein soll.

 

 

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Steuerfestsetzung für zehn Jahre auch bei unbekannter Steuerhinterziehung

BFH, Urt. v. 29.08.2017, VIII R 32/15

Hat der Erblasser zu Lebzeiten Steuern hinterzogen, so verlängert sich die Festsetzungsfrist gemäß § 169 Abs. 2 Satz 2 und 3 Hs. 1 AO auch dann auf zehn Jahre, wenn der in Anspruch genommene Erbe von der Steuerhinterziehung keine Kenntnis hatte.

das Urteil

 

 

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Die steuerliche Behandlung der Stiftung von Todes wegen vor ihrer Anerkennung als rechtsfähig

BFH, Urt. v. 06.06.2019, V R 50/17

Neben der Stiftungserrichtung zu Lebzeiten kann eine Stiftung auch testamentarisch ins Leben gerufen werden. Die Stiftung von Todes wegen entsteht aber nicht unmittelbar mit dem Ableben des Stifters, sondern muss wie auch die lebzeitig errichtete Stiftung zunächst das behördliche Anerkennungsverfahren durchlaufen – ein Prozess, der mitunter Jahre dauern kann.

Wie die Stiftung in dieser "Schwebezeit" steuerlich zu behandeln sei, war bereits mehrfach Gegenstand richterlicher Entscheidungen.

Es stellen sich insbesondere folgende Fragen:

1. Beginn der Körperschaftsteuerpflicht

Der BFH bestätigte jüngst die Entscheidung des FG Münster aus 2017, dass die Rückwirkungsfiktion des § 84 BGB grundsätzlich auch im Steuerrecht gelte – die Stiftung damit ab dem Tod des Stifters und damit vor ihrer Anerkennung als rechtsfähig bereits der Körperschaftsteuer unterliege.

2. Beginn der Steuerbefreiung

Eine Steuerbefreiung der Stiftung von Todes wegen sei vor ihrer Anerkennung als rechtsfähig indes nur möglich, wenn sie bereits alle Voraussetzungen der §§ 52 ff. AO erfülle. Insbesondere müssen die Anforderungen der §§ 59 ff. AO anhand einer "endgültigen" Satzung überprüft werden können. Von einer "endgültigen" Satzung dürfte erst bei Erteilung des Anerkennungsbescheids, also dem Entstehungszeitpunkt der juristischen Person auszugehen sein; das Gericht ließ diese Frage offen.

Das FG Hessen hatte dagegen bereits 2015 entschieden, dass eine Steuerbefreiung für den "Schwebezeitraum" – also bereits ab dem Zeitpunkt des Ablebens des Stifters – in Betracht komme, wenn bereits eine "klare und eindeutige Abrede" vorliege, die nur aufgrund der fehlenden Anerkennung noch nicht wirksam sei. Das Urteil liegt dem BFH zur Revision vor (Az. V R 30/16).

Implikationen für die Praxis

Um Körperschaftsteuer für die Zeit bis zur Anerkennung zu vermeiden, sollten Stifterinnen und Stifter ihrem Testament mindestens eine bereits den gemeinnützigkeitsrechtlichen Voraussetzungen, insbesondere der steuerlichen Mustersatzung, genügende, "endgültige" Satzung beifügen. Auch die Satzung einer Stiftung von Todes wegen sollte bestenfalls noch zu Lebzeiten des Stifters bzw. der Stifterin mit der Finanzverwaltung abgestimmt werden.

Sicher bleibt aber letztlich nur die Errichtung der Stiftung schon zu Lebzeiten und deren Einsetzung als Erbin. Für beide Varianten ist eine professionelle Begleitung durch entsprechend spezialisierte Anwälte ratsam.

Mehr zum Thema:

 

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Verwendungszweck bzw. steuerbegünstigte Organisation müssen im Testament genau benannt sein

OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 04.07.2017, 20 W 343/15

Erblasser müssen in ihrem Testament klar benennen, wofür ihr Vermögen verwendet bzw. welche steuerbegünstigte Organisation begünstigt werden soll. Die Formulierung "in eine Stiftung für einen guten Zweck eingehen" reicht nicht aus.

der Beschluss

Siehe hierzu auch

 

 

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"Vollmacht" kann Testament sein

OLG Hamm, Urt. v. 11.05.2017, 10 U 64/16

Eigenhändig geschriebene und unterschriebene Schriftstücke können auch dann Testamente sein, wenn der Verfasser sie mit der Bezeichnung "Vollmacht" unterschrieben hat.

das Urteil

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